“Ich untersuche einen direkten Wirklichkeitszugang …

… und versuche, die poetischen Probleme, die mir dabei begegnen, zu lösen."

Rolf Bergmeier

„das unsichtbare Berühren unserer eigenen Natur“ (Rilke)

Rilke benennt hier den Schlüssel zur Postmoderne.

Sesshafte Gesellschaften waren wohl in allen Epochen überwiegend hierarchisch organisiert.
In der Moderne kam dann mit der Industrialisierung ein gigantischer verstärkender Hebel hinzu.
Rücksichtslos pathogene Charaktere haben in den industriell verstärkten Hierarchien nahezu unbegrenzte Gestaltungsräume, hier wirken zerstörerische Kräfte.

Die Moderne ist mit ihrem Versuch, Individuation und Bewusstwerdung durch Verbesserung der Lebensumstände zu fördern, in eine gute Richtung unterwegs, doch ist sie so lediglich bis in die Ebene der Symptome wirksam.
Auch sozial-plastische Ansätze sind eine wirklich gute Sache, doch auch sie greifen zu kurz.


Das Bewusstsein des Individuums lässt sich nicht von Außen befreien.

So lässt sich kein ausreichendes Gegengewicht zu den oben beschriebenen zerstörerischen Dynamiken der Moderne generieren.

Ich wünsche mir eine Globalisierung der theoretischen Philosophie des Westens mit der praktischen Philosophie, welche in der Regionen um den Himalaya über Jahrtausende entwickelt wurde.


Philosophia bedeutet Liebe zur Weisheit.


Ich gehe davon aus, dass Weisheit nicht zusammengesetzt ist aus klugen Konzepten und guten Absichten, sondern dass Weisheit eine Dimension in der Tiefe des Bewusstseins ist.

Rolf Bergmeier

“Das Potenzial des Individuums zur Selbstbefreiung ...

... Bei der Reihe „Rainbow in Dark“ bin ich von Erfahrungen inspiriert, die ich beim Verweilen im Dunklen mache.

Der Empirie der Highlights innerhalb der Kunstgeschichte folgend, beschäftige ich mich mit der Anatomie des Bewusstseins, hier findet sich das Potenzial des Individuums zur Selbstbefreiung.

Ich begebe mich also für etwa 10 Tage in absolute Stille und absolute Dunkelheit.

Ich wende dann einige Meditationspraktiken an, mit denen ich etwas wie eine massive Psychose einleite, diese Psychose hält dann so ca. 8 Tage und Nächte an. Während dieser Zeit verbleibe ich in stillem frischem Gewahrsein. Auch wenn der Horror und die Schönheit, dieses Abkotzen des Bewusstseins mit einer filmischen Dichte und emotionaler Wucht geschieht, die 10 Mal intensiver ist als alles, was normalerweise so vor sich geht, verweile ich unbeteiligt wie das stille Auge in der Mitte eines Hurrikans.

Dann verändert sich die Stimmung, alles wird still, es tauchen Lichter auf im Nichts.
Ich hab keine Ahnung ob oder inwieweit das wirklich ist.

Jedenfalls versuche ich nicht das, was ich da sehe nachzumalen, denn das Abbild steht zwischen Betrachter und Wirklichkeit, die Kunst aber sollte sich der Wirklichkeit zuwenden.

Falls das was ich da im Dunkel sehe, tatsächlich existent ist, vielleicht lässt es sich dann ja auch in der Malerei finden.

Unabhängig davon, ob mir das Malerische gelingen wird, lässt sich sagen, dass es sich beim Erkennen des Potenzials des Individuums zur Selbstbefreiung um das zentrale Moment der gegenwärtig anbrechenden Epoche handelt.

Weisheit wird also nicht mehr als Ergebnis eines Prozesses betrachtet, sondern als unausweichlicher, ursprünglicher Imperativ.

Hier wird der gesamte Prozess der Transformation, an dem die Moderne so grandios scheitert, umgangen.

Stimmt, wenn Sie meinen, dass nur wenige willens und fähig sind, dem zu folgen.

Doch das traf auch schon auf die essenzielle Forderung der Romantik „das Endliche mit dem Unendlichen zu relativieren“ zu. (F. Schlegel)

Jetzt machen wir einen nächsten Schritt, die Kunstgeschichte ist schließlich nicht für alle von uns ein devolutionäres Projekt.

 

Rolf Bergmeier

“… „Öl auf Holz“ nennt er seine Objekte und verweist subtil …

… auf die frühe Tafelmalerei, aber seine innerlich chaotischen, in der äußeren Form geschlossenen Skulpturen entstanden jetzt durch gesägte und wieder zusammengefügte Äste. So fragt er nach dem Ursprung der Kunst, nach Kopie und Überwindung der Natur, nach Menschenwerk und Material."

Vita von Wedel

"… Der leere Raum ist aber auch Bedingung für die reine Präsenz, …

… auf die der Künstler mit seiner Arbeit abzielt. Reine Präsenz, ein Zustand meditativer Versenkung, ist nur jenseits naturalistischer Vorstellungen und materieller Voraussetzungen möglich. Und jene Leerstelle evoziert den Kontakt zum Raum an sich und zum Nichts.

Der Fokus der Aufmerksamkeit wird also weniger gebündelt, als vielmehr ins sprachlose Verstehen und in eine Unbegrenztheit geöffnet.

Im Sinne Heideggers repräsentiert die Leerstelle, die ungegenständliche Substanz die Welt in Bergmeiers Plastiken …"

Dr. Sven Nommensen

"Mit dem Raum umspannenden Geflecht …

… seiner schwarzen Holzplastiken 'Öl auf Holz' zeigt Rolf Bergmeier eine eigenständige plastische Linienführung, die zuerst wegen ihres ungewöhnlichen Materials besticht: Ein Kunstwerk, das die Abkommenschaft seines Stoffes nicht verleugnet und hiermit inhärent auf Unterschied und Gemeinsamkeit von schöpfender Natur und künstlerischer Tätigkeit verweist.

Bergmeier benutzt hierfür überschüssiges Naturmaterial, das beim Zurückschneiden von Gehölz an Straßen, etc. anfällt.
Das abkömmliche, aus einer kulturlandschaftlich-bildnerischen Dekonstruktion resultierende Material wird in seinem Werk also wieder zur Konstruktion verwandt.

Das Konzept seiner Plastiken ist darüber hinaus in direktem Dialog zur Bildhauerei zu verstehen: Mit dem Entstehen seiner Plastiken wird ein ummantelter Kern Schritt für Schritt abgetragen und hiermit auf das Problem skulpturaler Grenzziehung als solcher verwiesen.
Skulptur, als das Weglassen von Volumen zu Gunsten einer Form verstanden, ist in ihrer radikalsten Ausführung eine Art vollständiger Aussparung oder unbegrenzter Leerstelle.

Mitunter kann die sichtbare Plastik aus geschwärztem Holz als Rahmen oder Negativbild einer Skulptur verstanden werden, die im eigentlichen Sinne durch keinen Rahmen begrenzt werden könnte."

Prof. Dr. Stefan Waller

"Kunst ist eine innere Erfahrung, …

… die einen äußeren Rahmen braucht. Dieser Rahmen muss das Signal senden, das unsere Seele in Erschütterungsbereitschaft versetzt ..."

Jens Jessen

"Bei der Reihe „Öl auf Holz“ ...

... finde ich mich in einer Betrachtung des Individuums wieder, seinem Verhältnis zum Seienden, vom Anfang der Kunst und Kulturgeschichte bis zum Ausklang der Moderne.

Es geht also um die poetische Betrachtung des Status und der Genese unserer Unfreiheit, mithin einer Betrachtung unseres Befreiungspotentials.

Somit geht es auch um die Anatomie von Sein und Bewusstsein, um „das unsichtbare Berühren unserer eigenen Natur“ (Rilke).

 

Trennung in Innen und Außen.

Die mindestens seit den "alten Griechen" vorherrschende okzidentale Auffassung, dass die Unendlichkeit im átomos endet oder beginnt, also endlich ist. Dass diese Unendlichkeit also eine Sackgasse ist, an deren Ende wir wohnen, diese Auffassung bedarf der Überprüfung.

Obwohl die Wirklichkeit nicht Dual ist, vollziehen wir in unserer Bewusstseinsstruktur und in unserer Wahrnehmung eine Trennung des multidimensional Unendlichen, hier bildet sich auch ein früher kulturstiftender Schritt ab. So als wären wir „Gestohlen von der grundlosen Tiefe“ (Bob Marley) abgelöst von unserer Fähigkeit „Jenseits des Intellekts“ (Prof. Namkhai Norbu) das Seiende zu sein.

Sollte Darwin recht haben, so haben wir in unserer Entwicklung von der Amöbe zum Autofahrer irgendwann damit begonnen, Kultur auszubilden.

Da sind dann zunächst Sprache, Musik und Bilder, irgendwann ließ sich dann Schrift entwickeln. Hierbei sind Zeichen, die in der Natur vorgefunden wurden, zu einem Fundus geworden. Die unendlichen, sich ständig wandelnden, sich nie wiederholenden Formen und Zeichen in der Natur sind Ausdruck der Kreativität selbst, des Lebens selbst.

 

Hier wird Kultur vom Eigentlichen abgelöst.

Die Entnahme, das Abtrennen und Einfrieren einzelner Zeichenaspekte aus diesem Fluss des Seienden leitet einen Prozess der Externalisierung von Kultur ein.

In den folgenden Jahrtausenden gewinnt dieser getrennte Teil der Kultur immer mehr Dynamiken, immer mehr Eigenmacht, zunehmend richten sich diese dann sowohl im Innen als auch im Außen gegen uns, gegen das Leben.

So sind wir Herausgefallene aus dem „Schoß des Augenblicks“ (Sufismus) haben unsere Fähigkeit die „Traumzeit“ (Aborigine) zu sein fast vollständig verloren. Die Wirklichkeit des Seienden wird in diesem chronischen Prozess zunehmend substituiert durch verifizierbare Wahrheit.

 

Abgetrennt von den Räumen unserer Wahrnehmung.

Wie das Magnetfeld Teil des Magneten ist, so sind die Räume unserer Wahrnehmung Teil unserer Persönlichkeit. Der kultivierte Mensch jedoch erlebt seine Wahrnehmungsräume als Getrenntes, als ein Gegenüber. Die Beziehung zu diesem Gegenüber wird konzeptualisiert und emotional aufgeladen. Wodurch sie, die Kultivierten, sich endlose Ketten von Problemen zusammenfantasieren, welche dann sehr realistisch werden.

 

All das, was verloren scheint, ist doch die ganze Zeit über anwesend.

Es ist weniger als einen Schritt weit entfernt, der Weg dorthin ist ohne Anstrengung und sanft, allerdings ist die Muskulatur, mit der wir uns jenseits des Intellekts bewegen, etwas aus dem Training.

Oben skizziere ich also die Essenz und das Wesen meiner bildnerischen Arbeit, welche deckungsgleich ist mit der Essenz und dem Wesen der Nach-Moderne.

Deleuze, der eine umfassende Betrachtung zur Nach-Moderne versucht, wendet sich in seiner hierfür wesentlichen Rhizom Theorie erklärtermaßen nur der Struktur zu. Sich auch der Betrachtung des Raums zwischen der Struktur hinzugeben, lehnt er ab.

Mit dieser auf die gesellschaftliche Struktur beschränkten Sicht folgt er einem fehlerhaften Paradigma, das Marx in die linke Theorie eingebracht hat.

Innerhalb des Manchester Elends ist Marx Einschätzung: „Das Bewusstsein sei durch das Sein zu befreien“ nicht falsch, auch wenn die Zielvorstellung dieser Befreiung bestenfalls der satte Konsument sein kann. Marx wendet aber hier die linke Theorie gegen den Liberalismus, nicht gegen dessen merkantile Ausrichtung, und das ist falsch.

 

„... Der leere Raum ist aber auch Bedingung für die reine Präsenz,

auf die Bergmeier mit seiner Arbeit abzielt. Reine Präsenz, ein Zustand meditativer Versenkung, ist nur jenseits naturalistischer Vorstellungen und materieller Voraussetzungen möglich. Und jene Leerstelle evoziert den Kontakt zum Raum an sich und zum Nichts.

Der Fokus der Aufmerksamkeit wird also weniger gebündelt, als vielmehr ins sprachlose Verstehen und in eine Unbegrenztheit geöffnet.

Im Sinne Heideggers repräsentiert die Leerstelle, die ungegenständliche Substanz die Welt in Bergmeiers Plastiken …“
Dr. Sven Nommensen: Rhizom

Die oben von Dr. Nommensen erwähnte Leere also „ist nicht leer von sich selbst“ (Dolpopa Sherab Gyaltsen † 1361), dieses und das „Jenseits von Zeit und Jenseits von Raum“ (Arno Schmidt) sind virulent für die Nach-Moderne Theorie.“

Reine Präsenz ist ein essenzieller Aspekt des Bewusstseins, Leerheit ist eine Erfahrung des Bewusstseins, wenn wir diesen Zusammenhang in einem Bildwerk formuliert erkennen, scheint uns dies zunächst umgekehrt zu sein.

 

Rolf Bergmeier